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Ein Feld an der Bad Nenndorfer Buchenallee wurde archäologisch untersucht. Quelle: Andrea Göttling
09. Juli 2024

Archäo­logische Unter­suchung

Auf geschichtsträchtigem Boden

Archäologische Untersuchungen in Vorbereitung des Baus des Wohnmobilstellplatzes abgeschlossen

Rund 200 historisch interessante Funde hat das Team der Kommunalarchäologie der Schaumburger Landschaft auf dem Feld an der Bad Nenndorfer Buchenallee gesammelt, auf dem der Wohnmobilstellplatz gebaut werden soll. Infolge dieses Ergebnisses wurde die Untersuchung im doppelten Wortsinn vertieft: Es wurden fünf sogenannte Sondagegräben angelegt, um den Untergrund zu erforschen. Dieser zwei Tage dauernde Einsatz brachte allerdings nur wenige Erkenntnisse. Eine lautet: Dem Bau eines Wohnmobilstellplatzes steht nun voraussichtlich nichts mehr im Wege.

Nachdem auf einem benachbarten Feld 2018 eine keltische Münze gefunden worden war – ein „Zufallsfund“, wie es Kommunalarchäologe Dr. Daniel Lau ausdrückte – wurde das umliegende Areal zu einer sogenannten archäologischen Verdachtsfläche. Es wird also angenommen, dass dort ein Bodendenkmal schlummern könnte.

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Das Team der Kommunalarchäologie fand ein Stück eines Wappenmedaillons.

Wenn nun auf so einer Verdachtsfläche ein Bauvorhaben angestrebt wird, untersuchen die Expertinnen und Experten das Areal, bevor die Maßnahme beginnt. Bei „verdachtslosen“ Flächen geschieht dies nicht. Bauherrinnen und Bauherren sind aber grundsätzlich dazu verpflichtet, Funde zu melden, sollte dort etwas Interessantes im Boden auftauchen. Sollten also im Verlauf der Arbeiten für den Wohnmobilstellplatz, der zu Landesgartenschau 2026 in Bad Nenndorf eröffnen soll, noch Funde gemacht werden, wird die Kommunalarchäologie informiert. Gegebenenfalls würde dann die Baumaßnahme kurz pausiert werden, damit Fachkräfte das Bodendenkmal untersuchen können. Die Bauarbeiten sollen Anfang 2025 starten.

Schritt eins der Untersuchung war eine Geländebegehung. Das hauptamtliche sowie ehrenamtliche Team um den Kommunalarchäologen Lau suchte das Feld nach Funden an der Oberfläche des Ackers ab. Es kann vorkommen, dass Stücke im Laufe der Zeit durch die landwirtschaftliche Arbeit aus tieferen Schichten, die vom Pflug ergriffen werden, dorthin gelangen. Von dieser Begehung stammen bereits mehr als 100 Funde, deren Positionen penibel eingemessen und vermerkt wurden. So kann später auf Zusammenhänge geschlossen werden.

Unter den Stücken waren beispielsweise zu Klingen verarbeitete Feuersteine. „Diese deuten an, dass in der Steinzeit Menschen hier gewirkt haben“, erklärte Lau. Die nächstjüngeren Funde stammen aus dem späten Mittelalter. Darunter war auch Siegburger Steinzeug, welches aus dem Rheinland kommt und somit in unsere Region importiert wurde. Es handele sich dabei laut Lau um Stücke, „die auf Wohlstand schließen lassen“. Interessant ist auch ein Gefäßteil eines etwas jüngeren Steinzeugs aus der Zeit um 1600, mit Darstellung eines Wappenmedaillons. Welches Wappen dort abgebildet ist, wird noch ermittelt. Daneben ist ein Ährenkranz zu sehen. Lau geht davon aus, dass dieses Stück ebenfalls importiert wurde. Es stamme jedoch aus der Gegend um Höxter.




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Dr. Daniel Lau zeigt den Mitarbeiterinnen des Nenndorfer Tiefbaus die gesammelten Funde.

Denkbar wäre, dass Keramikstücke aus dem Bereich des heutigen Bad Nenndorf Stadtgebietes auf das Feld an der Buchenallee gelangt sind. Früher wurde „so gut wie alles, was im Haushalt kaputt gegangen ist“, auf den Misthaufen geworfen. So landeten beschädigte Keramikwaren und anderer „Siedlungsmüll“ schließlich über den Mist zur Bodenverbesserung auf den Feldern, denn eine Müllabfuhr gab es noch nicht.

Allerdings dürften nicht alle Funde dorthin verlagert worden sein. Die bearbeiteten Feuersteine sind vermutlich dort benutzt worden. Die Fachleute fanden außerdem relativ viel Schlacke, also Reste von Metallverarbeitung. Hier sei aufgrund der Konzentration anzunehmen, dass dieses Handwerk einst vor Ort an der Buchenallee ausgeübt wurde.

Die entdeckten Funde an der Oberfläche und in der Erde stehen wohl nicht in Verbindung mit der Münze, die den Anlass zu dieser Untersuchung gegeben hatte. Vermutet wird, dass die keltische Münze genauso zufällig, wie sie gefunden wurde, auch ursprünglich dorthin gelangt ist – womöglich hat sie ein Vorbeiziehender verloren.

Schritt zwei war die Untersuchung des Untergrunds, für die fünf je vier Meter breite und etwa einen halben Meter tiefe Gräben von einem Bagger ausgehoben wurden. Diese sollten Aufschluss darüber geben, ob in der Erde noch ein Bodendenkmal erhalten ist. Dabei sind Archäologinnen und Archäologen nicht darauf angewiesen, dass diese noch intakt sind – sie können auch die übriggebliebenen Spuren deuten. Böden bestehen aus Schichten. Die ersten Dezimeter des Geoprofils sind die Pflugschicht – also Erde, die durch landwirtschaftliche Arbeiten immer wieder bewegt wurde. Dann folgt in diesem Fall Lehmboden.


Durch ein geologisches Profil können die Fachleute einiges aus diesen Schichten lesen. Wenn der unangetastete Lehm beispielsweise eine hellere Farbe hat, sich dann aber einige deutlich dunklere Stellen erkennen lassen, spricht das dafür, dass dort einmal Menschen am Werk waren. So können kleinere Flecken zeigen, wo einst die Pfosten eines Hauses standen, eine größere Verfärbung könnte einst eine Abfallgrube gewesen sein. In solchen finden sich oft Bruchstücke von Keramikgefäßen oder auch Knochen und Zähne von Tieren. „Diese Gruben überdauern Jahrtausende“, erklärt Lau.

In den sogenannten Schnitten wurden einige ur- oder frühgeschichtliche sowie mittelalterliche Keramikscherben und auch neuzeitliche Knöpfe gefunden. Diese seien der Grabungstechnikerin Katharina Kellner zufolge aber zur Feststellung einer ur- und frühgeschichtlichen Fundstelle archäologisch nicht relevant. Nur eine Stelle wurde von den Expertinnen und Experten genauer untersucht. Dort fanden sie Holzkohle und Brandlehm – dort war also einst eine Feuerstelle. Weitere Funde, die das Alter dieser Feuerstelle hätten preisgeben können, wurden nicht entdeckt.

Aus der Vergangenheit dieses Areals, von dem aus Menschen früher schon einen tollen Blick ins Deister-Sünteltal sowie in die norddeutsche Tiefebene hatten, sind somit nur noch einige Spuren geblieben. Dennoch lautet das Fazit der Untersuchungen: Die Gäste des Wohnmobilstellplatzes können künftig auf geschichtsträchtigem Boden schlafen.